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Die Heilige Anastasia
(im Deutschen Epilepsiemuseum Kork)

Deutsches Epilepsiemuseum Kork

Das Deutsche Epilepsiemuseum Kork wurde 1998 eröffnet. Seither haben mehrere tausend Menschen das Museum konkret durchschritten, und mehrere hunderttausend haben es virtuell über die Homepage besucht.

Eine der häufigsten Fragen, die Besucher während einer Führung durch das Museum stellen, ist die nach den Gründen, die Anlass waren, ein solches thematisch doch recht ungewöhnliches Museum einzurichten.
Warum also wurde dieses Museum gegründet? Die Antwort umfasst – etwas vereinfacht dargestellt – im Wesentlichen drei Aspekte: Die erste Motivation für die Museumsgründung ist nach rückwärts gerichtet, in die Vergangenheit, und ist von Neugier geprägt: Wie war das früher mit dieser Krankheit? Was gab es für Erkennungsmerkmale, Behandlungsmöglichkeiten, soziale Probleme? Sind die damaligen Fragen mit denen unserer Zeit vergleichbar? Und: Können wir vielleicht aus dem Wissen und den Erfahrungen früherer Zeiten heute noch etwas lernen? Der zweite Grund für die Einrichtung eines solchen Museums betrifft die Gegenwart, unsere Zeit also. Dieses Museum soll über die derzeitigen Diagnoseund Therapiemöglichkeiten informieren, über die Erkenntnisse moderner Epilepsieforschung berichten, mögliche Hilfen im psycho- sozialen Bereich aufzeigen und etwas über den Stellenwert dieser Krankheit in unserer Zeit und den verschiedenen Kulturräumen unseres Jahrhunderts aussagen. Der dritte Aspekt ist in die Zukunft gerichtet: Dieses Museum ist auf wissenschaftlicher Basis gegründet worden; alle Ausstellungsobjekte, alle Texte, die Bilder und die anderen Kunstgegenstände und nicht zuletzt auch der Bestand der umfangreichen Bibliothek sind wissenschaftlich ausgerichtet und sollen als Ausgangspunkt für zukünftige Forschungen, insbesondere die Geschichte der Epilepsie und Epileptologie betreffend, dienen können.

In sechs Ausstellungsräumen versucht das Epilepsiemuseum, diesen Aufgaben gerecht zu werden: Der erste Raum soll bei der Beantwortung der Frage helfen: Epilepsie – was ist das eigentlich? An Hand von Texten, Schemata, Tabellen und Abbildungen erfährt der Besucher Einzelheiten über epidemiologische Daten, mögliche Ursachen, patho-physiologische Hintergründe und mögliche psycho-soziale Auswirkungen der chronischen Krankheit Epilepsie auf den einzelnen Betroffenen.
Der zweite Raum ist der eigentlichen Geschichte der Epilepsie und der Epileptologie (also der Wissenschaft von der Epilepsie) gewidmet. Drei „rote Fäden“ führen dabei durch die Jahrhunderte und Jahrtausende: Die überlieferten Aussagen von Ärzten und Naturforschern aus Antike und Mittelalter, die unzähligen Namen und Bezeichnungen, die die Epilepsie zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedenen Kultur- Epochen (von Medizinern, insbesondere aber auch vom Volksmund) erhalten hat, und schließlich fachliche Abhandlungen und Bücher, aber auch nichtmedizinische Schriften, die die Epilepsie seit der frühsten Zeit schriftlicher Wissensvermittlung zum Thema hatten.
Der dritte Raum ist der Krankheitserkennung in früheren Jahrhunderten und der modernen Diagnostik gewidmet. Einen besonderen Schwerpunkt stellt dabei die Entwicklung und die Beschreibung der EEG-Diagnostik („Hirnstromkurve“) dar. Der vierte Raum beschreibt die Behandlungsversuche aus prähistorischen, antiken und mittelalterlichen Epochen – bis in unsere moderne Zeit der medikamentösen, chirurgischen und komplementären Therapie. Im Rahmen früherer Behandlungsbemühungen werden insbesondere die Phytotherapie (Behandlung mit Pflanzen- und Pflanzenbestandteilen), die animalische Therapie (Behandlung mit nicht-pflanzlichen organischen Substanzen) sowie die christliche Hagiotherapie (Behandlung mit Heiligen und Heiligem) dargestellt. Der fünfte Raum thematisiert das „soziale Image“, das der Epilepsie in verschiedenen Zeitabschnitten anhaftete –von der Benachteiligung auf dem Sklavenmarkt der Antike über die Isolation im Mittelalter und die Einbeziehung in das Euthanasieprogramm im sog. Dritten Reich bis zu den Vorurteilen und den daraus resultierenden gesellschaftlichen Nachteilen unserer Zeit.ybr> Der abschliessende sechste Raum hat zwei Themen zum Inhalt: ,Kunst und Epilepsie‘ sowie ,Der prominente Epilepsiekranke‘. Es wird beispielhaft aufgezeigt, dass das Epilepsiemotiv überraschend häufig in verschiedenen Bereichen der Kunst zu entdecken ist –insbesondere in der Malerei, in der Plastik und in der Literatur. Die „Prominentengalerie“ zeigt Personen der Geschichte und aus unserer Zeit, die an Epilepsie gelitten haben und dennoch zu herausragenden Leistungen fähig waren. Die Liste reicht dabei vom Staatsmann Caesar über Kardinal Richelieu, den Dichter Dostojewskij bis zu Kunst- und Sportgrößen unserer Zeit.

Einen Schwerpunkt unserer museumspädagogischen Arbeit bildet die Homepage des Deutschen Epilepsiemuseums Kork (www.epilepsiemuseum.de). Der Text dieser Internet-Seite liegt derzeit in sechs Sprachen vor (deutsch, englisch, französisch, spanisch, türkisch und russisch). Diese Homepage wird z. Zt. durchschnittlich 150-mal am Tag von Menschen aus aller Welt aufgerufen; d.h. mehr als 50 000 Menschen besuchen pro Jahr das Deutsche Epilepsiemuseum virtuell. Ein in die Homepage integriertes Gästebuch dient der Meinungsäußerung, dem gegenseitigen Gedankenaustausch der Besucher und der Möglichkeit, fachliche Fragen zu stellen und zu beantworten.

Ein Museum soll lebendig sein und sich nicht mit dem Blick auf Vergangenes zufrieden geben; es soll den Bezug zur Gegenwart herstellen und für Zukünftiges offen sein. So ist ein Museum auch nie etwas Endgültiges, es sollte immer „auf dem Weg sein“, sich weiterentwickeln. Dies gilt auch für das Deutsche Epilepsiemuseum Kork – wir hoffen, dass es sich in den kommenden Jahren weiterentwickeln und immer wieder verbessernde Veränderungen und Erweiterungen erfahren wird.

Hansjörg Schneble, Hans-Martin Schneble
Deutsches Epilepsiemuseum Kork
Oberdorfstraße 8
D-77694 Kehl-Kork
Tel. & Fax: +49-1212-510 955 935
geöffnet sonntags 14-17 Uhr. Führungen auf Anfrage

STIFTUNG MICHAEL

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